Kinder bezahlen für Leistung –
Immer wieder höre ich davon, dass Eltern ihre Kinder für (gute) Leistungen (Schule/Haushalt) bezahlen. Die Kinder bekommen für gute Noten, ein tolles Zeugnis, eine Versetzung in eine höhere Schule oder aber für den Abwasch, das Bügeln oder sonstige Aufgaben im Haushalt Geld von ihren (irren? Freudscher Verschreiber) Eltern zugesteckt.
Als ich davon das erste Mal gehört habe, hielt ich es noch für einen schlechten Scherz. Doch leider wird diese Vorgehensweise mehr und mehr zur Methode.
Welchen Sinn hat das – und welche Auswirkung?
Als ich in die Schule ging, habe ich nicht fürs Leben gelernt. Vielmehr habe ich mir um der guten Noten Willen, kurzzeitig Wissen angeeignet. Die Anerkennung in Form von Noten gaben mir damals den Ansporn. Eine schlechte Schülerin zu sein und am Ende der Fahnenstange zu stehen, wollte ich nicht. Also habe ich gebüffelt.
Auf die lange Sicht hin betrachtet, war das unsinnig. Kaum etwas von dem damals scheinbar Gelernten ist heute noch abrufbar (auf Google schon, aber nicht bei mir im Kopf).
Doch das ist nicht die einzige Langzeitwirkung. Lange habe ich an mir gearbeitet, um mich gegen das Prinzip „Liebe und Anerkennung gegen Leistung zu erhalten“, zur Wehr setzen zu können.
Noten reichen nicht – nur Bares ist Wahres
Heutzutage scheinen für Kinder gute Noten nicht mehr Ansporn genug zu sein. Sie brauchen eine Verstärkung, wie es scheint. Um ihre Kinder zu animieren, greifen Eltern daher zum banalen Geldmittel. (Ist das nun Kinderarbeit?)
Wir tragisch ist es, was letztlich die Schule und das Leistungssystem in Familien bewirkt und welche Auswirkungen das auf uns als Gesellschaft haben wird in Zukunft.
Was bringt Eltern zu diesem Schritt?
- Ich vermute es ist die Angst. Angst, dass ihr Kind in dieser Welt nur bestehen kann, wenn es Höchstleistungen bringt.
- Oder aber der Gruppendruck, denn schließlich erzählen die eigenen Kinder, dass der Freund in der Schule ein neues Smartphone bekommen hat, weil es in der letzten Mathearbeit eine glatte eins geschrieben hat.
Diese Eltern tun mir leid. Die Kinder ebenso. Für mich macht dieses Bezahlsystem keinerlei Sinn. Im Gegenteil. Ich glaube, dass es unwahrscheinlich schädlich ist.
- Für die Beziehung der Kinder zu ihren Eltern ebenso
- wie für die Beziehung der Kinder zu sich selbst.
Denn wo wir früher sinnlos um der guten Noten Willen gelernt haben, lernen heute diese Kinder ebenso sinnlos für Geld. Das verheerende ist, dass sie lernen, dass es richtig ist, dass sie von ihren Eltern dafür bezahlt werden und irgendwann nicht mehr einsehen werden, dass man etwas „einfach so“ und „für sich selbst und seine Zukunft“ macht.
Abwasch wird bezahlt – bitte was?!
Bewusster wird einem dies, wenn man das Ganze mit der Bezahlung für Tätigkeiten im Haushalt betrachtet:
Eltern und Kinder leben gemeinsam in einem Haus und machen gemeinsam Unordnung. Doch anstatt diese Unordnung auch gemeinsam zu beseitigen (je nach Alter des Kindes und den Fähigkeiten), trainiert man dem Kind an, dass es dafür bezahlt wird.
Zum Verständnis: Die Eltern gehen arbeiten, um das Familienleben zu finanzieren. Alle Familienmitglieder beteiligen sich am Chaos, aber bei der Beseitigung dessen fassen die Eltern mit an und bezahlen ihre Kinder dafür, dass sie ihren Dreck wegmachen…?
Wie abstrus ist das? Wenn also die Eltern schlecht bei Kasse sind und der Rubel nicht rollt – dann müssen sie alles alleine machen? Weil sie die Kinder nicht bezahlen können?
Wer bezahlt die Eltern?
Wer bezahlt denn eigentlich die Eltern? Wo bekommen sie einen Anreiz für gute Leistungen? Die Mama als Beispiel? Bekommt sie auch 5 Euro zugesteckt vom Sprössling, wenn sie eine besonders gute Spaghetti Soße hinbekommen hat, oder die Wäsche ganz besonders fein duftet? Hallo? Bitte – erklärt mir das, denn mir ist das einfach zu hoch!
Unsere Kinder helfen nicht im Haushalt. Nie!
Nie im Leben würde ich darauf kommen, meinen Kindern etwas dafür zu bezahlen, dass sie sich auf ihre Zukunft vorbereiten. Sie gehen zwar nicht zur Schule – würden sie es tun, käme mir nicht in den Sinn, ihnen für gute Noten Geld zu geben. Warum auch? Gute Noten geben den Ausblick auf eine höhere Schulbildung, die wiederum den Weg ebnet zu vielen Berufen und einem Studium. Das Leben selbst belohnt sie also – oder auch nicht. Es ist die Sache meiner Kinder, was sie aus ihrem Leben machen und was nicht. Genauso war es auch bei mir. Einen Hund kann man nicht zum Jagen tragen.
Nie im Leben würde ich darauf kommen, meinen Kindern Geld dafür zu geben, dass sie ihren fabrizierten Dreck wegmachen. Denn das Leben hat nun einmal das „Ursache / Wirkung“ Prinzip. Das zu lernen, ist wichtig. Verantwortung zu übernehmen, für alles was man tut oder nicht tut. Die Scherben aufzukehren, wenn etwas zerbrochen ist. Müll den man gemacht hat, zu entsorgen. Dinge die schmutzig geworden sind, zu säubern. Und ganz wichtig: Etwas für andere zu tun. Also auch mal Socken zusammen zu legen, die nicht einem selbst gehören oder einen Teller wegzubringen, von dem man nicht gegessen hat – ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. (Den Geist des Dienens leben und erleben).
Wir leben gemeinsam in diesem Haushalt. Und demnach machen wir auch den Haushalt gemeinsam sauber.
In dem Moment, wo ich ein Bezahlsystem gegenüber meinen Kindern einführe, nehme ich ihnen alle diese Dinge. Ich mache mich zum Sklaven meiner Kinder und produziere in meinen Augen verwöhnte Menschen, die nur noch konsumieren wollen und keinen Finger krumm machen, wenn die Bezahlung nicht stimmt.
Und ich nehme ihnen auch das „Wir“ Gefühl. Wir leben hier und wir packen gemeinsam mit an. Einseitige Bezahlung trennt eine Gemeinschaft wie ich finde.
Daher helfen uns unsere Kinder nicht im Haushalt. Sie packen mit an. Das ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied! Und ich finde es wichtig, dass unsere Kinder genau das wahrnehmen.
- Sie helfen mir nicht, wenn sie abspülen. Sie verhelfen sich selbst zu sauberem Geschirr!
- Sie helfen mir auch nicht, in dem sie ihre Wäsche zusammenlegen und in ihre Schränke bringen und all die anderen Aufgaben die sie haben. Sie verhelfen sich selbst, zu kompetenten heranwachsenden Menschen zu werden, die wissen, wie man eine Waschmaschine bedient und alle anderen Alltagsgeschichten.
- Sie helfen sich selbst, eigenverantwortlich zu sein und dementsprechend zu handeln.
- Nur wenn sie selbst abspülen, werden sie merken wie doof es ist, wenn man dauernd neues Geschirr aus dem Schrank zieht und somit der Abwaschberg höher und höher wird und sich damit die Zeit verlängert, die man benötigt, um ihn zu bewältigen.
Wenn Du wirklich Freude am Putzen erreichen will, schau Dir diesen Blogpost von mir an, den ich wie meistens – mit einem Augenzwinkern geschrieben habe. HIER findest Du ihn…
Als wir in der Wildnis gelebt haben, haben sie sehr unmittelbar genau diese Dinge erfahren. Wenn sie zu faul waren, um Feuerholz zu sammeln, war die direkte Konsequenz, dass sie kein wärmendes Feuer hatten und sich auch nichts kochen konnten. Über diese Dinge könnt ihr mehr in unserem Buch „Eine Familie zieht in die Wildnis“ erfahren.
Menschen mit Rückgrat
Viel zu viele Menschen haben heutzutage keinen „eigenen Arsch mehr in der Hose oder den eigenen Kopf auf dem Hals“. Ihnen fehlt es am eigenen Willen. Sie haben keine Orientierung und sind willenlos.
Ich glaube, dass durch diese Bezahlung genau das forciert wird. Kindern wird subtil der Wille der Eltern aufgezwungen (das geschieht, weil die Eltern nur das Beste wollen und nicht aus böser Absicht). Dabei verlernen sie darauf zu achten, was sie wollen, was ihnen wichtig ist. Sie richten sich nach dem Willen eines anderen Menschen und das nur des Geldes wegen. Am Anfang sind es die Eltern, irgendwann dann der Chef. Sie verlieren sich also selbst und bleiben auf der Strecke und leben das Leben anderer.
Will man das wirklich für sein Kind? Ich denke nicht. Daher ist es wichtig zu überdenken, wie man handelt und sich die Langzeitfolgen genau anzusehen.
In unserer heutigen Leistungsgesellschaft brauchen unsere Kinder vor allem eins:
Das Vertrauen ihre Eltern. Vertrauen darauf, dass sie ihren Weg finden und gehen. Vertrauen darauf, dass sie in dieser Welt bestehen können, so wie sie sind und das gute Leistungen nicht in Noten aufgewogen werden können. Unsere Kinder haben gute Herzen, darauf kommt es an. Mit diesen Herzen können sie die Welt verändern, weil sie es wollen, weil sie den inneren Wunsch haben und nicht weil sie Dollarzeichen in ihren Augen haben – die wir ihnen anerzogen haben.
Es war einmal….wer möchtest du sein?
Es gab einmal ein Dorf, in dem lebten zwei Familien, die jeweils einen Sohn hatten. Der eine Sohn half seinem Vater wann immer er konnte im Garten. Immer wenn der Vater den Acker bestellte, das Unkraut zupfte, spürte er über kurz oder lang eine Schulter an seiner Schulter. Denn der Junge hatte ihn von seinem Fenster aus beobachtet und gesehen, wie sich sein Vater mühte. Er wusste, dass die Kartoffeln, die bald geerntet werden würden, auch auf seinem Teller und später in seinem Bauch landen würden. Das treib ihn zum Feld zu seinem Vater. Für diesen war es jedesmal ein schönes Gefühl, diese Schulter zu spüren. Die erst klein war und mit jedem Jahr größer und stärker wurde. Die beiden verband dieser Acker.
Der andere Vater mühte sich auf dem Feld. Doch er war alleine. Sein Sohn feilte sich die Nägel, während seine Füße auf dem Tisch lagen und er seinem Vater bei der Arbeit zusah. Erst als der Vater ihm zwei Goldstücke gab, damit er ihm bei der Ernte helfen würde, kam der Junge widerwillig hinaus aufs Feld. Er hatte keinen Bezug zu den dreckigen Kartoffeln, die er aus der Erde zog. Und auch sein Vater war ihm eher fremd und galt für ihn als Arbeitgeber.
Welcher der beiden Väter sich wohler gefühlt hat, ist denke ich offensichtlich. Freiwillige Unterstützung und Anpacken hat einen ganz anderen Beigeschmack, als ein bezahltes Helfen. Das eine verbindet und das andere baut eine Geschäftsbeziehung auf.
Willst du der Geschäftspartner und der Chef deiner Kinder sein, oder der Partner und Freund?
Denkt mal drüber nach – all die, die in der Bezahlfunktion gegenüber ihrer Kinder stehen.
PS: Hier ein Tipp, wie Du Deine Kinder garantiert zum Putzen überreden kannst 😉