Warum wir auf einmal blind geworden sind und lernen mussten mit dem Blindenstock umzugehen?

Blind!
Wie geht es eigentlich blinden Menschen?
Wie finden sie sich zurecht?
Wie können sie sehen ohne die Augen zu benutzen?

Mit diesen Fragen und 100 mehr sind wir als Familie in das Dialog Museum nach Frankfurt am Main gefahren. Denn dort hat man die Möglichkeit, in einem absolut abgedunkelten Bereich, genau diese Erfahrungen aus erster Hand zu erleben. Eine echte Herausforderung!

Die Führung dauert etwa eine Stunde. Eine Stunde befindet man sich also in absoluter Dunkelheit. Man muss sich also nicht die Augen verbinden, sondern mit offen Augen sieht man einfach nix. Nada.
Es gibt also nicht die Hintertüre, mal eben kurz die Augenbinde wegzumachen und irgendwie zu spickeln. Nein. Man ist wirklich eine Stunde lang völlig „blind“ – man sieht rein gar nichts.

Ein Job nur für blinde Menschen

Die Führung wird, wen wird es wundern, von blinden Menschen durchgeführt. Unser Guide hieß Michel und er war einfach wunderbar. Mit seiner beruhigenden Stimme zeigte er uns den Weg durch ein Labyrinth für unsere Sinne – ausgenommen den Sehsinn.

Er konnte sich ohne Probleme in diesen Räumen bewegen, während wir doch vor einige Herausforderungen gestellt wurden.

Eine Wackelbrücke, die wir sehend ohne überhaupt nachzudenken überquert hätten, wurde hier zu einer Bauchkribbelsache.

Hochkonzentriert und vorsichtig tasteten wir uns also durch die verschiedenen Räume. Sehr schnell hatte ich bereits keinerlei Orientierung mehr. Ich hätte zu 100% nicht mehr sagen können aus welcher Richtung ich gekommen bin und in welche ich gehe.

Entspannung

Während wir uns immer wieder an der Stimme von Michel orientierten, konnte ich langsam entspannen. Mein Sehsinn war abgeschaltet, ich war hochkonzentriert und meine anderen Sinne waren geschärft.

Irgendwann saßen wir auf einer Bank, die vermutlich Boxen untergestellt hatte. Denn als die Musik begann, konnten wir den Bass bis tief in den Bauch hören. „Sie mag Musik nur wenn sie laut ist, dass ist alles was sie hört“ kam mir in den Sinn. Ich bewundere die Menschen, die taub sind und dennoch tanzen.

Ebenso wie blinde Menschen meine Bewunderung und Hochachtung haben! Welch Leistung sie Tag für Tag vollbringen!
Ich habe eine Frau betreut, die blind war und lernen musste ihr Baby zu versorgen. Sie konnte ihren Alltag meistern und lernte sehr schnell, auch mit ihrem Kind alles wunderbar hinzubekommen.

Sensibel

Michel hat uns mehr als einmal erstaunt. Er konnte sich innerhalb kurzer Zeit unsere Namen merken und wusste ohne dass er uns berührte oder das wir sprachen wer wir sind. Das war teilweise wirklich seltsam. Als hätte er ein Nachtsichtgerät an und würde uns wirklich sehen!

Einmal bin ich wirklich leise aufgestanden und er sagt mir, in welche Richtung ich gehen soll – er konnte das eigentlich nicht gehört haben und doch hatte er es gehört. Faszinierend.

Das Gehör bei blinden Menschen funktioniert wesentlich feiner als bei uns Sehenden. Als wir in einem Raum waren, in dem eine Strasse in einer Stadt nachgebildet war, fühlten wir uns durch den Strassenlärm überfordert. So viele Geräusche die auf uns einprasselten. Nachdem die Türe zur Stadt geschlossen war, erklärte Michel, dass sie bereits Geräusche heraus gefiltert hatten, weil sonst die Menschen ausflippen würden. Wir waren also bereits mit der leisen Version der Stadt- Geräusche überfordert!

Vertiefung dieser Erfahrung

Weil wir alle so begeistert von dieser Erfahrung waren, sind wir am nächsten Tag kurzerhand in den Wald gegangen, um dort mit verbundenen Augen eine Übung zu machen. Dieses Aufmerksamkeitsspiel lieben unsere Kinder und wir machen das mit ihnen in regelmäßigen Abständen. Diesmal hatten wir die Kamera dabei und laden Dich ein mitzuerleben, wie es ist, blind durch unwegsames Gelände zu gehen.

Die Kinder kennen das Waldstück nicht. Mit verbundenen Augen hören sie eine Trommel irgendwo in der Ferne schlagen. Ihre Aufgabe ist es, anhand dieses akustischen Orientierungspunktes, die Trommel zu finden. Das verzwickte ist jedoch, dass die Trommel Füße hat und laufen kann.
Ihr werdet fasziniert sein, wie leise die Kinder sind. Sie wollen keinen Schlag der Trommel verpassen und beim Laufen durch das Unterholz brauchen sie ihre anderen Sinne und sie sind daher sehr bei der Sache.

Solche Awareness Übungen haben wir in der Wildnis auch gemacht bzw. war das eine Art Vorbereitung auf die Wildnis. Denn dort ist es wichtig alle Sinne zu schulen und einsetzen zu können.

Probiert es einfach mal aus!

Hier ist ein sehr ähnlicher Beitrag über diese Übung.

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