Unterwegs, wir sind unterwegs.
Richtung Süden unterwegs auf der Suche nach der Sonne, nach Wärme. Dem Frühling entgegen.
Unsere Fahrt führte uns zu den Alpen und je näher wir ihnen kamen, umso kälter wurde es. Weit in der Ferne sahen wir die schneebedeckten Berge sich erheben. Imposant anzusehen, diese Giganten. Wie klein sind wir im Gegensatz dieser Felsen? Und wie kurz ist unsere Zeit, die wir hier auf der Erde haben?
Am Fuße der Berge übernachteten wir bei -4 Grad in Füssen. Es lag noch richtig viel Schnee.
Früh morgens ging es dann nach Österreich und bei schönstem Wetter über die Brenner Autobahn nach Italien. An einer Autobahnraststätte konnten wir eine Tüte beobachten, die durch den Wind in die Höhe gehoben wurde und dort nun einen Tanz vollführte. Sie drehte sich im Kreis und wurde vom Wind mal nach oben katapultiert und glitt dann wieder sanft in Richtung Erde. Es sah so aus, als würden der Wind und die Tüte miteinander spielen oder miteinander tanzen. Als hätte der Wind Freude daran die Tüte herumzuwirbeln, auf und nieder und die Tüte konnte ich fast kichern hören, wenn sie plötzlich nach unten glitt, um dann wieder nach oben zu schießen. Sie schien es zu genießen.
War sie sich bewusst, welch Vorrecht sie hier hatte? Wie selten kam es vor, dass sich der richtige Wind und die Tüte zur richtigen Zeit am richtigen Ort trafen? Wie viele Tüten blieben am Boden liegen, oder landeten sofort nach Gebrauch im Mülleimer, in dem sich kein Windstoß verirrte?
In diesem Moment wurde mir erneut bewusst, welches Vorrecht wir als Familie haben. Wir sind wie diese tanzende Tüte im Wind, die die Freiheit spüren kann.
Mit diesen Gedanken setze ich mich wieder ins Wohnmobil, in unsere Tüte, um uns weiter in Richtung Süden wirbeln zu lassen. Wenige Stunden später stehen wir in der Nähe von Venedig an einem Strand. Die Sonne scheint, es sind 15 Grad und wir schlendern am Strand entlang.
Wie schnell können wir heute solche Distanzen überwinden? 1000 Km sind an einem oder zwei Tagen bewältig bar. Bevor es das Auto gab, war das unvorstellbar. Alleine über die Alpen zu gelangen, war für unsere Vorfahren ein Abenteuer, was eine gute Vorbereitung und einige Zeit beanspruchte.
Auch wenn wir relativ langsam unterwegs sind, mit unserem Wohnmobil, ist es doch eine rasend schnelle Geschwindigkeit. Unsere eigentliche und natürliche Geschwindigkeit als Menschen ist die, die wir aufbringen, wenn wir laufen oder rennen, oder vielleicht noch mittels einem Pferd erreichen können. Sind wir in dieser natürlichen Reisegeschwindigkeit unterwegs, sehen wir viele Dinge, die ansonsten an uns vorbeirasen. Man kann dann anders wahrnehmen, als wenn man schnell Kilometer schrubbt, wie wir es mit dem Wohnmobil können.
Mit dem Wohnmobil können wir schneller größere Distanzen zurücklegen und somit den Radius vergrößern. Es hat also alles seine zwei Seiten.
Jetzt sind wir in Italien angelangt (bei Venedig) und stehen an einem Strand, der von Hotelanlagen umrundet ist. Die Hotels und die anliegenden Geschäfte stehen leer, denn wir sind außerhalb der Saison hier. Wie ausgestorben kommt uns alles vor. Wir versuchen uns vorzustellen, wie es hier aussieht, wenn die Hotels belegt sind von den vielen Touristen. Die Strände werden dann voll sein und kaum Platz, im Gegensatz zu jetzt, wo der Strand frei ist. Lediglich Müll ist es, der hier herum liegt und die Sonnenschirme und Strandliegen sind aufgereiht und warten auf ihren erneuten Einsatz.
Viele Hotels werden also nur einige Monate im Jahr genutzt. Den Rest der Zeit stehen sie leer.
Wir fragen uns, wie es den Einheimischen damit geht, dass ihre Landschaft so verbaut ist. Sie leben vom Tourismus und sind somit abhängig von ihnen. Doch der Preis den sie dafür bezahlen, ist in unseren Augen horrend.
Das bringt uns dazu, darüber zu philosophieren welchen Standard Touristen wünschen und warum sie diesen Standard erwarten. Was würde geschehen, wenn wir alle mit Weniger auskommen würden?
Wie es uns in Venedig ergeht, erfährst Du hier.
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