Wenn Freilerner den ganzen Tag nichts tun…
Wenn Freilerner den ganzen Tag nichts tun, außer sich mit dem zu beschäftigen, wofür sie Leidenschaft haben, dann:
- Haben sie Zeit sich zu spezialisieren und ihre Energie geht konzentriert an eine Stelle
- Werden sie nicht abgelenkt von Nichtigkeiten, mit denen sie sich beschäftigen sollen
- Beißen sie sich trotzdem durch und lernen mit Widrigkeiten umzugehen, weil sie es ja lernen wollen
- Versinken sie nicht im Mittelmaß der Dinge
Eine unserer Töchter möchte Illusionistin werden. Als Freilernerin hat sie die Möglichkeit, sich den ganzen Tag mit ihren Zaubertricks auseinanderzusetzen. Sie muss ihre Stunden nicht mit irgendwelchem Mathestoff, der momentan völlig unrelevant für ihr Leben ist, anfüllen.Sie macht also „nur“ wozu sie Lust hat! Und ich höre jetzt schon die entsetzten Aufschreie: Man kann doch nicht immer nur machen, worauf man Lust hat! Warum eigentlich nicht? Ist das wirklich so? Und was bedeutet eigentlich LUST? Darüber habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht als Mutter von Freilernern. Ich musste mich mit meinen eigenen Ängsten und Bedenken auseinandersetzen, denn am Anfang war auch in mir diese Empörung, dass man „schließlich nicht nur seiner Lust nachgehen kann…“Wenn meine Tochter also Lust hat, Kartenmagie zu lernen, entscheidet sie sich für ein intensives Training. Leidenschaft ist bekanntlich ein Leiden, was Leiden schafft. Leidenschaft ist in etwa das, was auch Lust ausdrückt.
Bei ihr ging die Leidenschaft so weit, dass sie sich Blasen an den Fingern zuzog, weil sie stundenlang irgendwelche „Tricks und Moves“ geübt hat. Sie ist also über gewisse Widrigkeiten gegangen.
Manche Tricks haben nicht sofort geklappt und sie benötigte einiges an Geduld und Durchhaltevermögen, um an ihr Ziel zu gelangen.Der Unterschied ist, dass sie sich selbst für diesen Weg entschieden hat und somit die Herausforderungen nicht unbedingt als solche wahrgenommen werden.
In der Schule jedoch müssen sich die Kinder und Jugendliche zwangsweise mit Themen auseinandersetzen und dann werden Herausforderungen zu Problemen. Denn es fehlt die Lust an der Sache. Dementsprechend ist die Langzeitwirkung dieser Art des Lernens.Wer also die Möglichkeit hat, nach Lust und Leidenschaft zu lernen, hat ebenfalls Hürden, die er nehmen muss, sie sind aber selbst gewählt und genau darin liegt der große Unterschied.Die einen können sich innerlich frei fühlen, auch wenn sie sich durchbeißen. Die anderen eher nicht.Seit wir auf dem Weg des Freilernens sind, hinterfrage ich mein eigenes Leben und meine Art zu lernen. Freilernen bedeutet auch Freileben. Und genau das stößt bei vielen Menschen auf, wenn sie merken, dass man wirklich frei lebt, sich nicht mehr einengen lässt durch Zwänge, die so normal zu sein scheinen. Denn in diesem Moment halte ich einen Spiegel vor diese Menschen – und das tut dann manchmal weh.Schön ist es, wenn durch diese Konfrontation in den Menschen eine Veränderung geschieht. Auch das erlebe ich. Das ich „beschimpft“ werde und später dann eine Email erhalte, dass ich einfach nur auf einem wunden Punkt herum gepieckst habe und sie dankbar sind für meinen Anstoß, den ich ihnen gegeben habe.
Oft ist es leider nicht so und die Menschen bleiben lieber in ihrem selbst gewählten Gefängnis des Regellebens, denn das gibt ihnen, denke ich, Sicherheit. Was so auch in Ordnung ist.
Und dann tut es eben weh, wenn man im Gefängnis sitzt und durch die Gitterstäbe hinaus schaut und Menschen sieht, die frei herumtanzen.