Wieder ist es ist soweit. Nach zwei Jahren Ruhe beginnen die Waldbrände erneut. Und das mit potenzierter Gefahr, denn der Eukalyptus, der vor zwei Jahren abgebrannt ist, wächst rasend schnell nach und das nun in Buschform. Die Wälder sind dadurch dichter und es ist mehr Material was brennen kann.
 
Sirenen, Rauchwolken und ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Erinnerungen steigen in uns auf wie die Rauchwolken des Feuers in den Himmel.
 

Vor zwei Jahren sahen wir eine Rauchwolke wie heute. Innerhalb von 24 Stunden verbrannten 100 000 Hektar Wald! Viele Menschen, darunter Kinder, verloren dabei ihr Leben. Hier kannst Du lesen, wie es uns damals ergangen ist. 
 
Was hat die Politik seit diesen zwei Jahren getan?
So gut wie nichts!
Bereits vor einiger Zeit habe ich darüber geschrieben, dass die Politik träge ist und sich nichts nachhaltig verändert. Immer noch steht der Profit vor dem Menschenleben. Lies gerne meinen Artikel dazu. 

Die Tourismus“Industrie“ spürt das bereits, denn schließlich will man seinen Urlaub nicht unter einer Rauchwolke verbringen. Es bleiben also Touristen aus. 
Viele Ausländer haben Portugal wieder verlassen. Dabei waren sie es, die die Wirtschaft mit angekurbelt haben, indem sie in Ihre Grundstücke und Baumassnahmen an Ihren Häusern investiert haben. Also Gelder in portugiesische Firmen hinein fließen lassen. An die Baustoffhändler, ansässige Dienstleistungsbetriebe, die Marktverkäufer, den Bäcker usw. 

Doch wie kann man auf Dauer mit dieser Angst leben? Nicht alle schaffen das. Noch weniger Menschen wollen das. Sie suchen Alternativen und finden sie. Und die liegen außerhalb Portugals. 

Wir als Familie haben indessen alle Eukalyptusbäume von unserem Grundstück verbannt und viele neue Bäume gepflanzt. Wir versuchen unser Grundstück sauber und grün zu halten. 
Aber eine Garantie ist das alles nicht. Denn die Rinde vom Eukalyptus fliegt weit. 
Wir sind nicht versichert. Wenn uns hier etwas verbrennt, verlieren wir alles. 
Denn wie soll man Obstbäume versichern? Obstbäume die gepflanzt wurden, damit sie uns jahrelang versorgen werden in Zukunft? 
Viele der alten Portugiesen hatten solche Gärten. Sie haben alles verloren und bekamen eine Summe X als Entschädigung – vielleicht! 
Aber was soll die bringen?! Es ist eine einmalige Zahlung, die ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Die Obstbäume hätten sie bis zu ihrem Lebensende versorgt. Die Abfindung lindert nur kurz den Verlust und ist dann umso bitterer im Nachgeschmack.

Und wie soll man ein „Alltagsgefühl“ versichern? Im Sommer könnten wir ans Meer fahren. Einen Tagesausflug machen. Aber das können wir eben nicht. Denn mit welchem Gefühl sitzt man dann am Meer, wenn es jederzeit brennen kann und all die Tiere in Gefahr sind? 
Selbst ein einfaches Einkaufen bedeutet, das man die Gefahr im Hinterkopf behält. Denn oftmals sind unsere erwachsenen Kinder mit den Tieren alleine auf dem Grundstück.
Also hat man immer ein Telefon dabei – für den Fall der Fälle…
Die Lebensqualität ist in diesen Monaten was das betrifft eingeschränkt. Definitiv. 

Im Winter, als wir Feuer gemacht haben und den Rauch rochen zog der Rauch bis in die Glieder in unser Herz. Der Rauch der schlimme Erinnerungen hervorbringt. Ängste in uns und den Kindern sichtbar zeigt. 
Wir kennen einige die das Trauma noch nicht wirklich verarbeitet haben. 
Ich weiß nicht einmal, wie wir das verarbeitet haben und ob überhaupt?
 
Alles was wir tun konnten, um uns zu schützen, haben wir getan. Bisher hat es immer gereicht und wir sind weitestgehend verschont geblieben.

Menschen die nach Portugal auswandern wollen und die wir beraten, weisen wir auf diese Gefahr hin. Man muss sich der Gefahr bewusst sein und damit leben können. Es gehört zum Sommer dazu. Leider.
 
So viele Menschen die hier wundervolle Projekte erschaffen haben, sind gegangen. Weil die Angst zu tief sitzt und „nach dem Feuer“ „vor dem Feuer“ bedeutet.
Welche Zukunftsperspektive hat man, wenn alles innerhalb weniger Stunden abbrennen kann? Wenn jahrelange Arbeit – Forstarbeit –  und Bäume die lange brauchen um zu wachsen und Frucht zu geben einfach verbrennen. Man wieder und wieder bei Null beginnen muss?
 
Gäste schauen uns seltsam an, wenn sie sehen, dass wir einen Notfallplan haben. Sie schlucken. Weil sie sich erst dann bewusst werden, wo sie sind. In einem Land mit einem hohen Feuerrisiko.
Unsere Autos parken wir so, dass sie abfahrbereit sind – was uns allerdings nur etwas bringt, wenn der Weg nicht durch das Feuer verschlossen ist.
Genau das war vor zwei Jahren der Fall.
Wir mussten damals 4 Kilometer durch den Wald um unser Leben laufen. Mit allen Kindern und allen Tieren.

Weisst Du wie das ist, wenn Du Dich in Lebensgefahr befindest und keine Panik aufkommen darf? Wenn alles funktionieren muss und Du sieben Kinder hast – eine riesige Verantwortung und sie irgendwie beruhigen musst um Euch da sicher durchzubringen? 
Wenn Dein kleiner 8 jähriger Sohn zu Dir sagt: Mami, wir laufen in Richtung Feuer!“ und Du denkst: „Ja! Verdammt nochmal, Ja! Er hat recht!“. 
Gleichzeitig ist Dir bewusst, dass es nur diesen Weg gibt und alle anderen Wege bereits verschlossen sind. Überall siehst Du Feuer, denn es ist nachts um 2 Uhr. Überall Rauch. 
Wir wissen es und wünschen das niemandem. 
Ich habe es damals aufgenommen was wir erlebt haben, als wir durch den Wald um unser Leben gelaufen sind. Warum? Weil ich dachte, dass das dann das Letzte ist, was unsere Familien vielleicht von uns hören. Ein Abschied. Aber ein Abschied im Zusammenhalt – als Familie. 
Daran siehst Du wie verzweifelt wir bzw. ich gewesen bin. Ich dachte wirklich, dass wir eventuell sterben werden.

Wir haben erlebt, wie wildfremde Menschen uns mit Essen und Wasser versorgt haben. Ohne Wenn und Aber.
Wie Menschen uns einen LKW geliehen haben, damit wir uns und die Tiere in Sicherheit bringen konnten. Ohne Wenn und Aber.
Wir haben erlebt, wie ein Hotel uns, dreckig wie wir waren, aufgenommen hat. Uns und alle Tiere. Die Meerschweinchen in der Badewanne und der Hahn im Schrank! Ohne Wenn und Aber.

Meerschweinchen in der Badewanne
Wir haben Zusammenhalt erlebt. 
Aber die Politik hat seither so gut wie nichts getan. Und so ist es nur ein warten auf die nächste Katastrophe. 
Wenn wir den Weg hinauf ins nächste Dorf fahren, dann streifen Eukalyptuszweige unser Auto. So dicht sind sie an den Weg gepflanzt, der unser Fluchtweg ist. 
 
Warum Dich das betrifft? Du lebst ja nicht hier. Also was kümmert es Dich?
 
Weil der Eukalyptus für die Papierindustrie angepflanzt wird, die dann unter anderem nach Deutschland, einem der grössten Abnehmer, gebracht wird.
Das Papier was Du benutzt, ist hier gewachsen. Hat hier viel Leid gebracht.
Alles ist mit allem verbunden.

PS: Beim letzten großen Feuer hatten wir mein Atelier gebaut. Meine kleine Werkstatt, in der mein Kunsthandwerk entsteht. 
Damals wäre eigentlich die Dämmung dran gewesen. Doch die habe ich mir gespart. Warum? Weil ich dachte: „Was wenn das nächste Feuer kommt – dann ist alles weg und das Geld was ich jetzt dafür investiere ebenso“. 

Eigentlich lebe ich eher nach dem Motto: „Wenn die Welt morgen untergehen sollte pflanze ich dennoch ein Bäumchen“. 
Aber damals dachte und vorallem fühlte ich anders. 
Wer einmal gehört hat wie LAUT Feuer ist und wie schnell es näher kommt, der denkt nicht mehr nur, sondern der fühlt. 

Und das sind die Auswirkungen die Portugal hat. Nicht nur bei mir als kleiner Teil des Ganzen. 
Viele andere wollen auch nicht mehr investieren. Denn die Gefahr alles zu verlieren ist einfach sehr groß. Solange sich nichts verändert im Denken der Menschen und in der Politik. 

Lies unsere Geschichte wie wir in der Wildnis gelebt haben:
Eine Familie zieht in die Wildnis

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