Lernen auf Reisen, wie geht das?
Wir sind mittlerweile drei Monate mit unserem Wohnmobil durch Europa unterwegs. In dieser Zeit haben wir (also die Kinder und wir Erwachsenen) vieles gelernt, entdeckt und vieles hat uns in Staunen versetzt und Fragen aufgeworfen.
Als Freilerner haben wir keine klassischen Schulfächer, wie sie in der Schule Normalität sind. Ich möchte jedoch anhand dieser Fächer versuchen einzuteilen, was uns unterwegs begegnet ist und damit zeigen, das „Schule unterwegs“ unwahrscheinlich facettenreich ist und die schulischen Bereiche abgedeckt und weit darüber hinaus auch noch die Lebenskompetenz berührt. Während wir das gemeinsam aufgeschrieben haben war ich selbst sehr überrascht, wie umfangreich diese drei Monate gewesen sind! Und nichts von dem Erlernten wurde auch nur annähernd gebüffelt oder auswendig gelernt.
Mathematik:
Generell lernen die Kinder Mathe fast nur im Alltag. Ein stures Aufgaben ausfüllen gibt es kaum.
- In einigen Ländern mussten wir den aktuellen Kurs der dortigen Währung in Euro umrechnen, damit wir wussten, wie die Preise sind.
- Rommé spielen (die 6 Jährigen müssen Zählen im Zahlenraum bis mindestens 40)
- Das Navigationsgerät und der Tacho halfen die Durschnittsgeschwindigkeit auszurechnen, zu kalkulieren, wie lange wir für eine Strecke benötigen und den Spritverbrauch zu bemessen.
- Preisvergleich (Deutschland Preise versus den Preisen im Ausland)
- LebenserhaltungskostenvergleichErdkunde/Geografie:
- In welche Himmelsrichtung bewegen wir uns
- Warum wird es je weiter wir in den Osten fahren früher dunkel als in Deutschland
- Schlammvulkan besichtigt
- Landschaftsformen
- Kultur und Lebensweisen
- Traditionen (Trachten, Essen, Sprache)
- Charaktere der verschiedenen Länder
- Bauwerke, Baustile
- Landesentwicklung (was bewirkt der Fortschritt)
- Wir haben viel über Gastfreundschaft gelernt
- Zusammenhalt der Familien (viele Familien gerade in Serbien stehen zusammen auf dem Acker – Jung und Alt)
- Besseres Verständnis von Europa und wo die Länder sind
- Hauptstädte gelernt
Biologie:- Vogelkunde (Donaudelta)
- Zugvögel – wo sind sie im Winter – welche Rute fliegen sie dabei (viele, viele Störche und Schwäne haben wir gesehen. Und eigentlich ausgestorbene Vögel)
- Baumwollanabau
- Marmorabbau
- Erdölförderung
- Fischfang (haben ein Fischernetzt entleert von Dingen, die dort nicht hineingehören und so etwas den Beruf angeschaut)
- Viele streunende Hunde und die verschiedene Arten mit dem Umgang dieser Tiere (die einen sterilisieren und impfen und sehen die Hunde als Nutztier, denn sie fressen die Ratten). Darum werden sie dort gefüttert, gehören irgendwie allen die dort leben. Andere Länder vertreiben die Hunde eher.
- Viele Schildkröten und Schlangen haben wir gesehen. Tote und lebendige. Beide konnten wir betrachten und studieren. Bei einer Babylandschildkröte haben wir über Tierhandel gesprochen, denn sie hätten wir in Deutschland für einiges Geld verkaufen können. Artgerechte Tierhaltung war dann das Thema, auch was die vielen Vögel anging, die in Griechenland zuhauf verkauft werden und ihr Leben in einem kleinen Käfig fristen müssen.
- Umgang mit Müll (Mülltüten Verbrauch in den verschiedenen Ländern)
- Umgang mit den Ressourcen
- Monokultur versus Kleinbauern
- Verschiedene Klimazonen
- Tier und Pflanzenwelt der einzelnen Länder
- Muscheln und deren Besonderheiten und Namen gelernt.
- Welches Land baut welche Dinge an und ist auf was spezialisiert (Import/Export) (Manche Länder machen viele Dinge aus Muscheln, andere aus Holz. Die einen haben Landwirtschaft und die anderen den Fischfang. Manche sind für Honig bekannt und die anderen für Feta oder Oliven)
- Einfluss der Menschen auf die Tiere (Menschen, die Müll abladen, Touristen die Schildkötenbabys achtlos tottrampeln, Donaudelta und der Nachteil davon, wenn man mit dem Boot in das Delta einfährt, denn durch die Wellen des Bootes gehen die Gelege der Vögel kaputt
- Müllberge, Mülldeponien – wo landet unser Müll? Verantwortungsvoller Umgang mit Plastik und Konsum allgemein
- In Griechenland wurde in einem Ort seit acht Monaten kein Müll mehr abgeholt – plastisch wurde da gesehen und erlebt, was es bedeutet, wenn wir in unserem eigenen Müll versinken und ihn eben nicht mehr einfach so „wegwerfen“ können.
Geschichte/Politik:- Ursprüngliche Lebensformen (Bauern in Rumänien) erlebt (Mit Pferdekarre und Hand den Acker bestellt)
- Bei Grenzübergängen wurden wir gefiltzt, wegen Menschenhandel aus dem Irak und dem Iran (in Griechenland aus Afrika). Daher kamen die Themen Asylanten und Wirtschaftsflüchtlinge bei uns auf und wir haben viel darüber diskutiert
- Welches Land gehört zu Europa und welches in die europäische Union
- Welches europäische Land hat den Euro als Währung?
- Als wir in die Türkei und dann nach Asien hinüber sind wurde viel über die verschiedenen Kontinente gesprochen
- Flaggen/Fahnen der Länder
- Globalisierung allgemein und in diesem Zuge z.B. – welche Firmen gibt es in den diversen Ländern (Mediamarkt, Penny, Aldi usw)
- Marktwirtschaft (welche Konzerne liefern ins Ausland (teilweise mit deutschem Etikett), welche Firma verändert ihr Aussehen (Firma Werz sieht mit der Umverpackung in Deutschland anders aus, als in Kroatien. Dort verkaufen sie auch bei DM Markt und in Ungarn haben wir sie bei Müller gesehen)
- Zigeuner erlebt und auch der Umgang der Einheimischen mit ihnen. Bettelnde und aufdringliche Zigeuner – warum betteln sie, obwohl sie genug haben? Thema Konsum, Dankbarkeit usw.
Sprachen:
- Erstaunlich viele Menschen sprechen Deutsch und man sieht hier welche Rechtschreibfehler und Grammatikfehler sie machen. Dadurch wird bewusst, warum es wichtig ist die Muttersprache in der allgemein definierten Form zu verwenden.
- Es ist selbstverständlich, dass man Englisch spricht und hört. Ohne diese Fremdsprache wird es sehr viel schwerer und komplizierter sich zurechtzufinden und darum ist es naheliegend sie zu lernen
- Wir können alle Englisch und etwas Portugiesisch. Dadurch finden wir in jedem Land Übereinstimmungen im Wortstamm und können uns so zurecht finden.
- Andere Buchstaben (Griechische Alphabet)
Allgemeine Lebenstüchtigkeit:- Sich im Ausland zurechtzufinden und sich entweder mit Deutsch, Englisch oder Händen und Füßen durchzufinden macht selbstsicher
- Es gibt Selbstvertrauen, dass man mit jemanden, den man nicht versteht, weil er eine andere Sprache spricht und vielleicht anders aussieht, sich anders benimmt als man selbst oder andere Dinge isst, dennoch verständigen kann.
- Grenzübergänge wurden mehrfach miterlebt (Es gibt Unterschiede, ob ein Land in der europäischen Union ist oder nicht)
- Konzentrationsübungen waren unsere Strandspaziergänge, bei denen wir oft spezielle Muscheln, Steine oder sonstiges gesucht haben.Flexibilität:
- Umgang mit dem Atlas (wo / wie finde ich was)
- Wie heißen die verschiedenen Städte oder in den verschiedenen Sprachen? (Z.b. Alemania, Germany, Germania)
- Führerschein machen. Wie funktioniert das in den verschiedenen Ländern und wie kostspielig ist das dann jeweils im Vergleich
- Selbstüberwindung bei kaltem Wasser oder anderen Dingen die zunächst unvertraut sind
- Sich immer wieder neu auf einen Ort und auf Menschen einzulassen